Heute war der Termin für den Foto Marathon Düsseldorf (FMD). Es gab dazu die Möglichkeit, virtuell teilzunehmen, d. h., man musste nicht in Düsseldorf vor Ort sein, sondern man konnte von jedem Ort der Welt aus teilnehmen. Auch das Thema für die virtuelle Teilnahme wurde nicht erst beim Start um 09:00 Uhr bekannt gegeben, sondern bereits am Abend vorher. So konnte man sich mit den drei Sätzen von Heinrich Heine schon mal vorab Gedanken machen, wie man diese Worte in Bilder umsetzen kann. Das war das Thema:

„Ist das Leben des Individuums nicht vielleicht ebenso Viel wert wie das des ganzen Geschlechts? Denn jeder einzelne Mensch ist schon eine Welt, die mit ihm geboren wird und mit ihm stirbt. Unter jedem Grabstein liegt eine Weltgeschichte.“

Gedankliche Möglichkeiten kann man da viele durchspielen, aber man braucht für vieles dazu andere Menschen, die dabei mitmachen. Ich habe mich für die Darstellung unserer vier lebenden Generationen innerhalb der Familie entschieden; in diesem Fall die Schwiegereltern, wir selbst, eines unserer vier Kinder mit Partner und den dazugehörigen Enkel. Aber es mussten ja fünf Bilder abgeliefert werden. Nun, ein Grabstein vom Rochusfriedhof wäre schon möglich gewesen, aber im Zusammenhang mit den vier Generationen nicht der passende „Schlussstein“ für mich. Ein Taufstein als Symbol für den Beginn des neuen Lebens schon eher. Aber dann kam von der Ursula das Stichwort Stammbaum. Ja, das sollte es werden. Ein Baum als Symbol des Lebens und wie wir Menschen ebenfalls ein Individuum oder der Baum im Wald als ganzes Geschlecht. Ich wusste auch sofort, welchen Baum ich dazu fotografieren wollte (ihr seht ja, welchen ich gemeint habe).

Als ich dann mit der ersten Aufnahme bei den Schwiegereltern im Heim starten wollte, kam mein erstes Problem. Der Akku meines Blitzes war leer und ich musste unverrichteter Dinge wieder nach Hause zum Laden des Akkus. Aber auch nach dem Mittagessen zeigte der Akku keinerlei Reaktion und ich musste annehmen, dass er durch Tiefenentladung wegen längeren Nichtgebrauches defekt ist. Also habe ich meinen kleinen leistungsschwachen Systemblitz von Metzt ausgepackt. Hier hatten die Akkus noch Restladung, die nun auch für die folgenden Aufnahmen ausreichten. Allerdings musste ich zwischen den Aufnahmen lange warten, bis der Blitz wieder nachgeladen war.

Die finale Auswahl der Bilder und ein wenig Nachbearbeitung in Lightroom waren in einer Stunde erledigt. Die meiste Arbeit machte dabei das Ausflecken der Pinhole Bilder. Wegen der hohen Blendenzahl ist hier jeder kleine Fleck auf dem Sensor sichtbar. Aber nun sind die Bilder hoch geladen und wir müssen auf die Entscheidung der Jury warten. Aber hier gibt es schon mal die Bilder zu sehen, für die ich mich entschieden habe.

Ein paar Gedanken im Nachhinein. Die Veranstalter wollten die Bilder durchnummeriert innerhalb der Serie. Das macht auch wirklich SInn, um die Interpretation des Themas klar zum Ausdruck zu bringen. Und man müsste hier noch zusätzlich alle Bilder direkt nebeneinander anzeigen, was am Monitor leider nicht klappt. Aber zumindest in der Vorstellung sollte man das mal versuchen.

Ankerbild ist für mich das Selbstporträt in Schwarz-Weiß. Es steht zentral in der Mitte und wird eingerahmt von den Schwiegereltern und dem Sohn mit Partnerin. Das Selbstporträt farbig zu lassen war für mich praktisch nicht möglich. Es hätte den gleichen Stellenwert wie die andern Bilder gehabt und wäre somit als zentraler Anker nicht wahrgenommen worden. Die Aufnahme erfolgte mit der 50mm Festbrennweite bei f/5,6 und 1/60 Sekunde und einem kleinen Metz Blitzgerät mit aufgestülpten Beauty Dish und manueller Einstellung zur Aufhellung. Wir hatten uns nach jeder Auslösung das Ergebnis auf dem Display der Kamera angesehen und als ich dieses Bild gesehen habe, war schon klar, dass das in der Serie landen würde.

Das Bild der Schwiegereltern wurde mit einer Lochkamerablende (Zone Plate 43 mm, f/56) mit 6 Sek. Belichtungszeit aufgenommen. Die Unschärfe kommt nicht primär von der langen Belichtungszeit, sondern entsteht als Beugungsunschärfe wegen der hohen Blende und auch die zusätzlichen ringförmigen Zonen der Lochblende. Ich sage meinen Modellen natürlich, dass sie die 6 Sekunden nicht still sitzen müssen, da das Bild ohnehin durch die anderen Ursachen unscharf sein wird. Natürlich hatte ich auch weitere scharf aufgenommene Bilder gemacht. Aber das entsprach nicht meiner Vorstellung zu dieser Serie. Tief gefurchte Gesichter können schon mal für Charakterporträts fotografiert werden, aber hier sollte das weiche unscharfe Bild zur Vergänglichkeit unseres Lebens hindeuten.

Auch vom Sohn mit Partnerin hatte ich Aufnahmen mit der Lochblende angefertigt. Aber hier habe ich mit der normalen Aufnahme die Fortführung der Serie vom zentralen Selbstporträt gewählt, aber nun als Farbaufnahme. Das Bild hätte ja ebenfalls mit dem Aufhellblitz ausgeleuchtet werden sollen, der war aber in dem Moment der Aufnahme noch nicht geladen. Aber gerade dieses Bild hatte dann die passende Stimmung vor dem hellen Fenster und mit dem zusätzlichen Sonnenlicht von der anderen Fensterseite. Und die Aufhellung der Gesichter konnte ich in Lightroom nachholen.

Den Enkel hatte ich zwar ebenfalls zusammen mit seinen Eltern und auch als Porträt schon mehrfach mit abgelichtet, aber ich wollte genau so ein Bild von ihm, wie er in Bewegung ist. Unbelastet von weltlichen Ereignissen trägt er das Leben in sich und rennt, wie offensichtlich nur Kinder es können durch die Welt.

Beim Bild des Baumes stand ich vor der Entscheidung, wohin damit: Anfang – Mitte – Ende. Es wurde fast zwangsläufig der Anfang, da ich hiermit mein zentrales Selbstporträt mittig platzieren konnte. Aber auch vom Charakter passt es als Pinhole Aufnahme gut zum nachfolgenden Bild der Schwiegereltern. Aufgenommen wurde es mit einer normalen Lochblende mit Brennweite 43 mm, f/148 und 0,7 sec. Belichtungszeit.

Wie die Jury entschieden hat, kann man direkt beim Veranstalter des Düsseldorfer Fotomarathons ansehen: