Zufallsfund

Manchmal trifft man im Internet auf interessante Seiten, die einen zum Nachdenken über die eigenen Bilder und sogar zum Nachmachen anregen. Das ist die Seite, von der ich spreche:
1) Natural Palettes.

Mit ein wenig Suchaufwand (ist untertrieben) findet man teilweise ziemlich gute Webseiten, die als kostenlosen Service anbieten, eigene Bilder hochzuladen und daraus eine Palette zu errechnen und anzuzeigen. Ich habe aus verschiedenen Quellen diese beiden Seiten für mich als Bookmark abgespeichert:
2) Color Explorer und
3) Color Palette Generator

Das Ganze sieht zunächst nach Spielerei aus, wenn die bunten Farbflächen passend zu den Bildern ermittelt werden. Aber es gibt eine ganze Menge aus diesen Ergebnissen zu lernen. Grafikdesigner und Webgestalter nutzen die Methode schon lange, um die Web-Seitengestaltung auf ein spezielles Bild hin zu optimieren. Für uns als Fotografen steckt aber noch sehr viel mehr in diesen Farbmustern. Die Farbflächen erlauben uns eine Zuordnung der Farbe im Farbkreis, wie er in vielen Lehrbüchern zur Farbgestaltung benutzt wird. Die Muster geben Auskunft über die Farbkontrast-Varianten, die bei einer Bildanalyse eine Rolle spielen. Meine persönliche Buchempfehlung hierzu ist immer noch:

Ernst A. Weber: Sehen – Gestalten und Fotografieren.

Aber auch Harald Mante, Johannes Itten und selbst J. W. von Goethe haben hierzu ihren Beitrag abgeliefert. Das möge jeder selbst nachlesen (findet man sehr viel über die persönliche Suchmaschine im Internet).

Meine Inspiration

Ich will hier meine eigenen Beispiele präsentieren und die dabei gewonnenen Erkenntnisse beschreiben. Zunächst noch mal der Hinweis, wie er unter 1) genannt wurde, es sollen nur Landschaftsfotos ohne Meschen und urbane Gebäude abgebildet werden. Diese Einschränkung scheint mir hier wichtig zu sein. Landschaften sind ja normalerweise geprägt von unzähligen Farben. Klar dominiert erst mal das Grün von Wiesen und Wäldern aber eben nur zu bestimmten Jahreszeiten. Im Herbst wird es dann sehr bunt und vielleicht auch eintönig. Dazu kommt noch der Himmel mit seinem Blau oder Rot-orange am Abend und Morgen. Das zeigt, auch in der Landschaftsfotografie kann man „Farb“-Bilder nicht nur ablichten, sondern bewusst gestalten, wenn man die Regeln kennt und sich damit auseinander setzt. Von Harald Mante habe ich in Erinnerung: „Schwarz, weiß, grau und eine Farbe“. Ein minimalistisch gestaltetes Farbfoto braucht nicht mehr. Schwarz, weiß und grau gelten als „unbunte“ Farben. Wenn es uns also gelingt diese eine Farbe zu ergänzen, haben wir bereits ein aussagestarkes Farbfoto, das sich von anderen abheben wird.

Bild 1: Sonnenuntergang am Weißensee

2013_07_08_2178_Weissensee_Sonnenuntergang-BearbeitetDie Farbkreise links und rechts wurden mit 3) erstellt und zeigen die Flächenanteile bei 4 bzw. 8 Farben. Die Farbpalette unten enthält 10 Farben und wurde so erzeugt, dass eine erzwungene Erkennung der Farben gemacht wird (sonst wäre der rosarote-Farbton noch nicht dabei). Erst die obere Palette mit 25 Farbtönen erkennt den rötlichen Farbton bei feiner Analyse eigenständig. Für die Bildanalyse sind die folgenden Farbharmonien von Bedeutung:

  1. Der Qualitäts-Kontrast (sehr schön erkennbar an der oberen Palette)
  2. Der Kaltwarm-Kontrast (Blau/Rosarot)
  3. Der Helldunkel-Kontrast und
  4. Der Quantitäts-Kontrast (viel blau, wenig rot)

Einen technischen Aspekt möchte ich hier noch besonders erwähnen, dies ist der k-means Algorithmus, mit dem der Color Palette Generator arbeitet. Bei den maximal möglichen 8 Farben, die hier ermittelt werden ist der rosa-Farbton noch nicht dabei, wird also bei den anderen hellen Farben mit verrechnet. Man muss wohl annehmen, dass dieser Ton Aufgrund seines geringen Mengenanteils erst wie in der oberen Palette bei 20 bis 25 Farben sichtbar wird. Fotografisch betrachtet lehrt es uns, dass bereits geringe Mengen einer kontrastierenden Farbe genügen, das Bild gestalterisch zu verbessern. Man stelle sich dieses Bild nur ohne den rosa Farbton dar; es wäre nie gemacht worden.

Noch eines ist mir jetzt klar geworden: diese Farbe, diesen Farbton werde ich nie wieder vergessen, sondern sofort wiedererkennen. Egal wo, auf einem Bild oder in der Natur beim nächsten Sonnenuntergang. Und ich werde mir dann wieder überlegen wie man damit ein Bild gestalten kann. Hoffentlich habe ich dann eine Kamera dabei.

 

 Bild 2: Abgestorbene Fichte

2013_07_15_2517_Weissensee_Alte_Fichte-BearbeitetHier sehen wir nun, was ich oben bereits von Harald Mante zitiert habe: Schwarz, weiß, grau und eine Farbe, hier blau. Während schwarz noch ausgeprägt im Bild und in der Palette sichtbar ist, wird weiß in den Paletten nicht mehr dargestellt, obwohl es im Bild als Wolken (eben nur sehr dünne Schleierwolken, wo blau durchscheint) und als Reflexe in den Ästen sichtbar ist. Für die Bildanalyse sind die folgenden Farbharmonien von Bedeutung:

  1. Der Qualitäts-Kontrast (sehr schön erkennbar an der horizontalen Palette)
  2. Der Helldunkel-Kontrast

Neben der Farbgestaltung trägt natürlich auch der Bildaufbau mit der Linienführung (horizontale, vertikale, Flächenaufteilung) zur Bildwirkung mit bei. Manchmal ist weniger eben mehr.

 

Bild 3: Der Weißensee

2013_07_13_2406_Weissensee_Wanderung_Nordufer-BearbeitetWillkommen in der Natur und damit beim Grün-Ton. Der Weißensee ist bekannt für seine intensive Reflektion des himmlischen Blau-Tons auf seiner Wasseroberfläche (natürlich nur, wenn es nicht bewölkt ist, sonst ist das Wasser auch dort grau). Das zaubert hier diesen wunderbaren Cyan-Ton auf das Wasser. Beide Farbtöne (grün und cyan) sind im Farbkreis benachbart auf der „kalten“ Seite. Es bleiben also nur wenige Elemente zur Farbanalyse übrig:

  1. Der Qualitäts-Kontrast (sehr gut erkennbar an der oberen Palette in der sichtbar wird, dass beide Fabtöne einen schönen Verlauf zeigen)
  2. Der Helldunkel-Kontrast

Zur klassischen Gestaltung kommt noch die horizontale und vertikale Linienführung hinzu und die Flächenaufteilung mit der Betonung auf den See. Ebenso zur klassischen Gestaltung gehört hier die Vordergrund, Mittelgrund und Hintergrund-Aufteilung des Bildes.

 

 Bild 4: Fichtenwald

2013_07_15_2542_Weissensee_Tannenwald-BearbeitetBleiben wir im grünen Bereich. Diesmal aber voll dominant wirklich nur eine Farbe mit ausgeprägtem Qualitätskontast, aber auch Hell-dunkel-Kontrast. Es wurde bewusst darauf belichtet und entwickelt um das schwarz in den Fichten zu erhalten, wodurch dieser starke lokale Kontrast entsteht.

Zur klassischen Gestaltung gehört hier die Vertikale und die  Diagonale und die dadurch erzeugte Flächenaufteilung in Vorder-, Mittel- und Hintergrund.

 

Bild 5: Wolkenstimmung

2013_07_11_2333_Weissensee_Sonnenuntergang_WolkenIn der Palette oben sehen wir wieder unseren bereits bekannten Verlauf der blauen Farbtöne. Aber trotzdem ist hier etwas anders. Die blauen Farbtöne sind unterbrochen von grauen Stufen. Dies ist auch in den beiden Farbkreisen unten bei genauem Hinschauen schon erkennbar. Es sind keine reinen Farben mehr, sondern eingetrübte Tonwerte mit einem Grauton. Und bei eben-solcher Betrachtung des Bildes wird ebenfalls schnell klar, dass dies von den grauen Wolkentürmen kommt und nur im Himmel selbst ein reines Blau vorhanden ist.

Zur Bildwirkung gesellt sich noch das helle Gelb-orange und sorgt damit nicht nur für einen Kaltwarm-Kontrast, sondern auch noch für den Helldunkel-Kontrast.

 

Bild 6: Gebirgspanorama

2013_07_19_2651_Weissensee_Panorama-BearbeitetDie Palette zeigt wieder den typischen Verlauf für den Qualitätskontrast, aber eine Sache fehlt: Das sind die wirklich schwarzen Anteile. Es ist nur dunkles Blau-grau vorhanden. Das ist natürlich typisch für Aufnahmen im Gebirge, wo durch den Dunst auf großer Höhe die Farben nur schwach gesättigt sind. Hier gilt es deshalb besonders, sich nach einen prägnanten Vordergrund um zu sehen, der schwarze Bildtöne einbringt.

 

Bild 7: Seepanorama

2013_07_13_2401_Weissensee-BearbeitetOb auf den Bergen oder am Seeufer, die Situation ist fast immer gleich mit einer dominanten Farbpalette im blauen Bereich. Auch hier fehlt wie bereits oben der schwarze Bereich im Bild und das Blau ist auch teilweise mit einem Grauschleier überzogen. Das muss nicht unbedingt ein Nachteil sein, man sollte sich nur bewusst machen, dass das so ist und dies wenn möglich bei der Aufnahme berücksichtigen. Das bestätigt wieder mal die lange bekannte Regel, dass man im Gebirge zur Mittagszeit eben nicht fotografieren sollte. Das mag schon richtig sein, trotzdem gefällt mir diese blaue Farbpalette sehr gut. Mit ein bisschen Linienführung und Flächenanordnung hat dieses Bild seine Berechtigung. Für mich strahlt es Ruhe aus.