Knapp eine Stunde nach meinen Wolkenbildern vom letzten Beitrag entstanden diese Bilder von den Seerosen. Der Zugang zum See führt über eine kleine Treppe ins Wasser. Dort sind leider viele spitze Kieselsteine auf dem Grund. Dafür habe ich mir extra Badeschuhe gekauft, um den Bereich bis ins tiefe Wasser zu überbrücken. Doch auf halben Wege gibt es seit diesem Jahr etwas Abseits einige Seerosen mit einer frischen Knospe, die sich in der Mittagszeit öffnet. Der Untergrund ist hier nicht nur steinig, sondern auch verschlammt und noch dazu gibt es da eine rutschige Holzbohle im Wasser.

Hier mit der 4000 € teuren Kamera hereinzugehen ist schon ein Risiko, aber ich habe es auf mich genommen, weil der Wunsch nach einem schönen Bild einfach größer war als die Angst, dass ich ins Wasser falle. Aber in diesem nassen Umfeld auch noch mein Windows Tablet mit ins Wasser zu nehmen geht natürlich nicht. Deshalb hebe ich vorher am Computer die Belichtung über mein weißes T-Shirt getestet. Das ist genau so blendend weiß, wie die Seerose. Mit dieser Voreinstellung bin ich langsam und ganz vorsichtig an die Stelle gewatet, wo die Seerose war. Das Wasser stand mir hoch bis zur Badehose, aber ausrutschen durfte ich hier nicht.

Innerhalb von zehn Minuten habe ich dann im Wasser 18 Aufnahmen gemacht. Die Belichtung habe ich am Anfang mit den beschriebenen Voreinstellungen gemacht und das Histogramm war wie erwartet perfekt bis zum Clipping-Punkt nach rechts belichtet. Bei den weiteren Aufnahmen unter einem anderen Winkel habe ich die Belichtung dann aus meiner Erfahrung heraus angepasst. Auch hier waren die Ergebnisse nahezu perfekt. Nur beim letzten Bild war die Seerose leicht in der Überbelichtung im Grünkanal mit 0,1 %. Nach der Kompensation in der Raw-Entwicklung mit Lightroom wäre das aber praktisch nicht mehr wahrnehmbar. Aber warum sollte ich dieses Bild entwickeln, wenn die anderen besser belichtet sind (ohne Überschreiten des Clipping Punktes).

Mit der Bearbeitung habe ich noch im Urlaub auf meinem Laptop begonnen. Wie ich zu diesem Zeitpunkt empfand, habe ich das Ergebnis gleich mit der Höchstnote von 5-Sternen bewertet. Aber zurück zu Hause, habe ich einen zweiten Anlauf gemacht und muss gestehen, es geht immer noch ein wenig besser, weil ich ja schon wieder zusätzliche Erfahrung hinzugewonnen habe. Technisch hier nur ganz kurz mein hier verwendeter Ansatz (bei Bild 1 und 2). Bei der Bearbeitung in Photoshop habe ich drei Ebenen über Nik Silver Efex pro 2 erstellt: Low-Key_Effekt-2, Voller Kontrast und Struktur, Ãœberbelichtung +1. Diese drei Ebenen habe ich durch Radieren so bearbeitet, dass die jeweils gewollten Tonwerte sichtbar wurden. Danach habe ich natürlich noch ein wenig Strahlung in den Tiefen und Lichtern hinzugefügt und mit dem Kopierstempel unerwünschte Reflexe gemildert. Aber auch bei dieser (für mich neuen) Prozedur habe ich wieder zwei Versuche gebraucht, um das hier gezeigte Ergebnis zu erzielen. Es gibt also nicht nur viele Wege zu einem guten Bild, sondern man braucht auch „Versuch und Fehler“, um zum Ziel zu gelangen.

Bei der ganzen technischen Betrachtung, kommt vielleicht ein Aspekt zu kurz, der aber für mich trotzdem überall oben ansteht. Das ist die Frage, „was ist ein gutes Foto?“. Wenn man sich wie hier geschehen, schon innerhalb des technischen Teils auf verschiedene Wege begeben kann (das kann man immer), wie ist es dann erst aus dem künstlerischen Aspekt heraus zu beantworten? Aber dieser Punkt ist für mich klarer als die technische Auseinandersetzung bei der Bearbeitung. Schon allein der Impuls, wie Eingangs beschrieben, dieses Bild unbedingt haben zu wollen, obwohl es hier risikoreich war, zeigt, dass man für ein Bild, das sich im Kopf festgesetzt hatte, eben einiges tun muss. Zu einem „Fine Art Photo“ wird das Bild aber erst, wenn man es ausgedruckt in Händen hält und es so herumzeigen kann.