Das Thema „Licht und Belichtung“ ist nun schon seit fast einem Jahr mein Schwerpunkt in der fotografischen Arbeit. Während es zu Beginn im Sommer letzten Jahres eine erste Auseinandersetzung mit der Kameratechnik und den unterschiedlichsten Einstellungen der Messmethoden war, erkenne ich nun mehr und mehr, wie eine wirklich perfekte Belichtung das Bildergebnis grundlegend verändert. Der Weg hierher war technisch gesehen besonders mit der Erkenntnis verbunden, dass bei der Fotografie im RAW-Format geringfügig andere Gesetze gelten als bei den jpg-Bildern direkt aus der Kamera. Es ist der von den Kameraherstellern verschwiegene Tatbestand, dass im RAW-Format der mittlere Grauwert nicht bei 18% liegt, sondern bei 12,5% (und meist noch weit darunter, weil es nicht genormt ist). Das habe ich ausführlich in meinen Kursen und in dem dazu verfassten Script beschrieben, das man sich über die Downloadseite herunterladen kann. Hinzu kommt, dass das von den Kameras angezeigte Histogramm sich auf das jpg-Bild bezieht und für eine RAW-Aufnahme völlig irreführend ist. Bei Preisen von mehreren tausend Euro für eine Kamera muss man erwarten können, dass beim Umschalten ins RAW-Format auch ein RAW-Histogramm angezeigt wird.
Ausgestattet mit diesem Wissen habe ich über eine Lösung nachgedacht, wie ich mir das echte RAW-Diagramm direkt nach einer Aufnahme ansehen könnte. DIe Lösung ist zwar ein wenig umständlich, aber wie ich nun nach und nach an den Ergebnissen sehe eine echte Offenbarung. Ich verwende hierzu ein Microsoft Surface Go Tablet um über die Software RawDigger das Ergebnis sofort betrachten zu können. Beschrieben habe ich das in meinem parallelen Blog in dem Artikel „Raw-Digger Histogramm direkt nach der Aufnahme„.
Die Jahre vorher habe ich mich fast ausschließlich auf den Belichtungsmesser der Kamera verlassen und die Ergebnisse dann mit Lightroom angepasst. Schließlich konnte man ja mit der automatischen Korrektur und mit den anschließenden Regeleinstellungen fast jedes Bild irgendwie perfektionieren (dachte ich). Wenn ich nun aber meine heutigen Ergebnisse ansehe, die auf den Punkt genau bis zum „Clipping point“ oder knapp davor belichtet sind, sehe ich fast keinen Bedarf mehr die Bilder in Lightroom weiterzuentwickeln. Schon ein einziger Klick auf die automatische Korrektur passt die letzten Tonwerte in der Helligkeit an und bringt ein perfektes Ergebnis. Was aber den entscheidenden Unterschied ausmacht, sind die Farben und Tonwerte im gesamten Bild und besonders in den Lichtern. Hier sind die feinsten Tonwert- und Helligkeitsabstufungen in vollem Umfang vorhanden. Das sehe ich besonders im Vergleich zu Bildern innerhalb einer Serie, wo ich mich noch an die „perfekte Belichtung“ herantaste. Der Unterschied bei einer und zwei Belichtungsstufen unterhalb des „Clipping Punktes“ sind deutlich sichtbar und sogar noch die Drittel Stufen kurz vorher und besonders auch leicht oberhalb des Grenzwertes sind noch klar zu differenzieren.
Bei der hier gezeigten Serie war nicht nur die perfekte Belichtung das Ziel, sondern der Einsatz von Graufiltern um die Belichtungszeit am Tag so zu verlängern, dass man das Fließen des Wassers und die Bewegung der Wolken mit einfangen kann. Die ersten vier Bilder sind hierzu exemplarisch. Das erste Bild friert Wasser und Wolken noch mit einer Zeit von 1/500 s ein. Dann folgen 10 s, 13 min und 20 min Belichtungszeit. Bei 10 s ist das Wasser bereits leicht verschwommen, aber die Wolken sind noch klar konturiert. Erst bei 13 bzw. 20 min Belichtungszeit wird das Wasser eine einheitliche Fläche und die Struktur in den Wolken löst sich auf und zeigt eine fliehende Bewegung (so wie ich mir das vorgestellt habe). Die weiteren Bilder entstanden dann meist mit einer Belichtungszeit von 30 s und je nach Lichtverhältnissen wechselnden Blenden Werten. Die Graufilter hatten eine Dichte von 3 bzw. 1,8 und wurden für die langen Belichtungszeiten kombiniert eingesetzt.